NATURWISSENSCHAFT
TEIL 4

VON 9
Hildegard von Bingen (4): Über die Steine
Pflanzen | Elemente | Bäume | Steine | Fische
Vögel | Tiere | Reptilien | Metalle

Die Heilkraft der Steine im Werk der Hildegard von Bingen

Galen
Hildegard von Bingen
Hippokrates
Hildegard von Bingen
Hildegard von Bingen bei der Aufzeichnung
Miniatur aus dem Rupertsberger Codex

Das Werk der Hildegard von Bingen gibt einen wichtigen Einblick in die Geschichte der Medizin. Dabei vermengt die Ärztin und Äbtissin in weit stärkerem Maße Wissenschaft und Mythologie, als bespielsweise der griechische Arzt Hippokrates oder der römische Mediziner Galen. Aus heutiger Perspektive sind ihre Rezepte für die Heilung von Krankheiten zumeist unwirksam und in einigen Fällen durchaus schädlich.

Hildegard von Bingen ordnet jedem der von ihr katalogisierten 26 Edelsteine und Halbedelsteine eine bestimmte Tageszeit zu, in der er "aus Wasser und Feuer" entstand. Aus der Mischung dieser beiden Elemente leitet sie für jeden Stein einen bestimmten Charakter zu. In ihrer Vorrede nennt sich auch den Fundort der Edelsteine. Man entdeckt sie vor allem nach Überschwemmungen an den Bächen, die aus dem Gebirge strömen.

Über den Samargd (De Smaragdo)

Hildegard von Bingen nimmt an, dass der Smaragd am Morgen bei Sonnenaufgang wächst. Die Frische des beginnenden Tages macht ihn zum starken Mitel gegen die Krankheiten des Menschen:

"Wer Schmerzen am Herzen, im Magen oder an der Seite erdulden muss, der trage einen Smaragd bei sich, damit sich sein Körper an ihm wärme. Es wird ihm wohler werden. Wenn ihn so viele Krankheiten befallen, dass er sich kaum erwehren kann, dann nehme er den Smaragd sogleich in den Mund, damit er vom Speichel nass wird. Den so erwärmten Speichel ziehe er oft ein und spucke ihn wieder aus, dann lassen die Anfälle dieser Krankheiten ohne Zweifel nach. Wer von der Fallsucht gepeinigt zu Boden stürzt, dem lege man einen Smaragd in den Mund, und sein Geist wird neu belebt sein." Nach der Linderung durch den Smaragd nennt Hildegard von Bingen ein Gebet, das der Geheilte sprechen soll, während er seinen Blick auf den Smaragden richtet: "Wie der Geist des Herrn den Erdkreis erfüllt, so fülle er das Haus meines Körpers mit seiner Gnade, so dass sie ihm niemals genommen werden könne." (Hildegard von Bingen: Physica. De Lapidibus)

Über den Saphir (De Saphiro)

Die neun Bücher der Physica, Hildgards Systematik der Heilkräfte

1. De Plantis. Über die Pflanzen
2. De Elementis. Über die Elemente
3. De Arboribus. Über die Bäume
4. De Lapidibus. Über die Steine
5. De Piscibus. Über die Fische
6. De Avibus. Über die Vögel
7. De Animalibus. Über die Tiere
8. De Reptilibus. Über die Reptilien
9. De Metallis. Über die Metalle

Mit Ausnahme des zweiten Buches beginnt jeder Teil mit der Praefatio, einer Vorrede, in der Hildegard von Bingen Glaubens- und Naturlehre miteinander verknüpft.

Hildegard von Bingen nimmt an, dass der Saphir zur Mittagszeit wächst, wenn die Sonne am stärksten brennt. Der "feurige, ungestüme Stein" dient zur Linderung von Augenkrankheiten: 

"Wem die Augen vor Schmerz rot werden, oder wem die Augen verwundet oder gar blind sind, der nehme nüchtern einen Saphir in seinen Mund, damit er feucht vom Speichel wird. Er umgebe seine Augen mit demselben Speich in der Art, daß auch das Innere des Auges davon benetzt wird. Die Augen werden nun hell und klar werden."

Eine zweite Funktion des Saphirs betrifft den eher zwischenmenschlichen Bereich, es geht um das Verhältnis zwischen einem ungestümen Mann und einer bedrängten Frau:

"Reizt der Teufel den Mann in Liebe zu einer Frau auf, sodass er ohne Anrufung von Geistern liebestoll sich gebärdet, und dies der Frau lästig fällt, so soll sie dreimla Wein über einen Saphir gießen und sprechen: Ich gieße diesen Wein in glühenden Kräften übner dich aus, so wei Gott den Glanz, o ungetreuer Engel, von dir nahm, damit du Liebe und Wolllust dieses Mannes von mir nimmst". (Hildegard von Bingen: Physica. De Lapidibus)

Über den Magnete (De Magnete)

Der Magnet wird in unserer heutigen Zeit mit vielerlei schützenden und heilenden Wirkungen in Verbindung gebracht. Hildegard von Bingen nennt ihm als Mittel gegen Lähmung, Schlaganfall und Gelbsucht: "Der Magnet entsteht aus dem Geifer des giftigen Wurms. Er erstickt Bosheit, Lüge und Zorn. Er macht das Fasten leicht, wenn man ihn im Mund trägt. Er hilft bei Lähmungen, nach Apoplexie (Schlafanfall) und bei Gelbsucht." (Hildegard von Bingen: Physica. De Lapidibus)

Morgen bei aphilia: Über die Fische