Rhetorische Mittel

Wer rhetorische Mittel einsetzt, will das Publikum überzeugen .. und auch ein bisschen überreden. Meister der Rhetorik waren nicht nur die Sophisten, sondern auch ihr schärfster Kritiker: Sokrates.

Stilmittel Alliteration

Stilmittel Alliteration
Stilmittel Alliteration

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Stock der du gewesen, steh doch wieder still (Goethe)
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam (Cicero)

Bei der Alliteration werden Wörter mit gleichen Anfangsbuchstaben oder gleichen Lauten hintereinander gesetzt und bilden eine syntaktische Einheit.

Stilmittel Anapher

Stilmittel Anapher
Stilmittel Anapher

Wer soll nun die Kinder lehren und die Wissenschaft vermehren?
Wer soll nun für Lämpel leiten seines Amtes Tätigkeiten? (Wilhelm Busch)

Ja, da kann man sich doch nur hinlegen,  
Ja, da
muß man kalt und herzlos sein.
Ja, da könnte so viel geschehen.
Ach, da gibt’s überhaupt nur: nein!
(Brecht)

Bei der Anapher werden einzelne Worte oder eine Wortgruppe zu Beginn aufeinanderfolgender Sätze wiederholt.

Stilmittel Antithese

Stilmittel Antithese
Stilmittel Antithese

Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auf erden.
Was dieser heute bawt/reist jener morgen ein:
Wo itzund städte stehn/ wird eine wiesen sein
Auff der ein schäffers kind wird spilen mitt den heerden.
(Andreas Gryphius)

Bei der Antithese werden jeweils zwei Begriffe oder Satzteile gegenübergestellt

Stilmittel Chiasmus

Stilmittel Chiasmus
Stilmittel Chiasmus

Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit.
(Schiller)
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück.
(Goethe)

Der Buchstabe X entspricht dem griechischen Chi. Ein Chiasmus bezeichnet die über Kreuz angeordnete Stellung von Wörtern oder Wortgruppen. Das gegenteilige Stilmittel zum Chiasmus ist der Parallelismus.

Stilmittel Parallelismus

Stilmittel Parallelismus
Stilmittel Parallelismus

Die früher leckere Speisen aßen, verschmachten jetzt auf den Gassen; die früher auf Purpur getragen wurden, die müssen jetzt im Schmutz liegen.(Klagelieder 4,5)

Sich entsprechende Wörter oder Satzteile erscheinen aufeinanderfolgendend. Der zweite Satz verstärkt noch einmal die Wirkung des ersten. Dieses Stilmittel findet häufig in der Bibel Verwendung.

Stilmittel Hyperbaton

Stilmittel Hyperbaton
Stilmittel Hyperbaton

Wenn er ins Getümmel mich von Löwenkriegern reißt
(Goethe) 

Longumque perosus exilium
(Ovid)

Beim Stilmittel Hyperbaton werden eigentlich zusammengehörige Wörter durch das Dazwischenschieben eines Wortes oder Satzgliedes getrennt. Hyperbata sind ebenfalls unter dem Begriff „Sperrungen“ geläufig. Meist sind sie nicht immer gleich zu entdecken. Im ersten Beispiel würde „mich“ eigentlich vor dem „Getümmel“ stehen. Durch die Mittelposition wirkt die Szene wesentlich dramatischer. Im zweiten Beispiel wird die lange Dauer des Exils durch das dazwischengeschobene Wort zusätzlich betont.

Stilmittel Klimax

Stilmittel Klimax
Stilmittel Klimax

Was habe ich ihn nicht gebeten, gefleht, beschworen
(Lessing)

Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind
(Gebrüder Grimm)

Die Klimax ist eine Figur der Steigerung. Das zuerst Gesagte wird durch das Folgende immer noch übertroffen. Die Gesamtaussage mit jedem Satzteil bedeutsamer. Die gegenteilige Figur zur Klimax ist die Antiklimax

Stilmittel Antiklimax

Stilmittel Antiklimax
Stilmittel Antiklimax

Und um den Papst zirkulieren die Kardinäle. Um die Kardinäle zirkulieren die Bischöfe. Und um die Bischöfe zirkulieren die Sekretäre.
(Bertold Brecht)

Bei der Antiklimax ist oft ein ironischer Hintersinn gegeben. Die Leiter wird Stufe um Stufe herabgestiegen, die Bedeutsamkeit der Wörter scheint mit den Satzgliedern abzunehmen. Der Autor kommt vom Wichtigen zum weniger Wichtigen. Aber auch bei diesem Stilmittel geht es letztendlich um eine Verstärkung der Gesamtaussage eines Satzes. Im Beispiel aus dem „Leben des Galilei“ soll die Anhängigkeit der untergeordneten Personen von der Allmacht des Papstes unterstrichen werden. 

Stilmittel Ellipse

Stilmittel Ellipse
Stilmittel Ellipse

Nichts im Übermaß!
(Einer der 7 Weisen, wahrscheinlich Solon oder Chilon)

Es war nach Mitternacht. Kein Laut. Kein Lichtschimmer. Stille Ahnung in der Luft. Er fasst Thomas Arm. Wenigstens nicht allein.
(Goethe)

Die Ellipse ist eine rhetorische Figur, bei der ein oder mehrere Wörter, die der Leser aus dem Sinnzusammenhang selbst ergänzen kann, einfach weggelassen werden. Im ersten Beispiel, einer Inschrift vor dem Orakel zu Delphi, müsste „tue“ ergänzt werden. Im zweiten Beispiel fehlen mehrere Satzanfänge. Der Autor setzt bei Ellipsen voraus, dass der Leser ein bestimmtes Wissen zum Thema oder ein hohes Einfühlungsvermögen besitzt. Die Ellipse ist ein beliebtes Stilmittel der Sturm- und Drang-Literatur. Situationen und direkte Reden wirken durch Ellipsen besonders authentisch und spannend.

Stilmittel Hendiadyoin

Stilmittel Hendiadyoin
Stilmittel Hendiadyoin

Aus Schalen opfern wir und aus Gold
(Vergil) 
Hab und Gut
(Redewendung)

Im Hendiadyoin wird ein Begriff mit zwei Wörtern umschrieben. Damit wird er einerseits verstärkt, andererseits können unterschiedliche Aspekte des Wortes wiedergegeben werden. Diese schwer auszusprechende Stilmittel wird häufig in der Alltagssprache verwendet:: Hab und Gut, Tür und Tor, Angst und Bange.

Stilmittel Geminatio

Stilmittel Geminatio
Stilmittel Geminatio

Herz, mein Herz, von unbezwinglichen Leiden erfüllt.
(Archilochos)

Entbehren sollst du, sollst entbehren!
(Goethe)

Ander als beim Hendiadyoin wird, um die Bedeutung zu erhöhen, dasselbe Wort doppelt gesetzt. Die Geminatio findet sich zumeist am Satzanfang oder Satzende

Stilmittel Trikolon

Stilmittel Trikolon
Stilmittel Trikolon

In ihm nämlich leben wir und bewegen wir uns und sind wir
(Apg, 17,18)

Ich kam, ich sah, ich siegte
(Cäsar)

Das Trikolon tritt entweder wie im ersten Beispiel alleine auf, oder wie im zweiten Beispiel mit anderen Stilmitteln. In Cäsars Ausspruch befinden sich auch Anapher, Klimax und Parallelismus. Die Dreigliedrigkeit fordert die besondere Aufmerksamkeit des Lesers heraus.

Rhetorische Figuren (Tropen)

Tropen bilden eine Sonderform unter den rhetorische Figuren.
Der Begriff leitet sich aus dem griechischen „Trope“ = Wendung ab. Die Trope bezeichnet das Ersetzen eines erwarteten, gängigen Wortes durch ein anderes. Nicht immer ist eine scharfe Abgrenzung zu den anderen Stilmitteln möglich. Die einfachste Form einer Trope dient der Vermeidung von Wortwiederholungen. Hierbei wird ein häufiges Wort durch ein anderes ersetzt. Diese Vorgehensweise zieht sich schon durch die Werke Homers. Eigennamen von Göttern wechseln mit Synonymen ab, und Aphrodite wird an anderer Stelle zur Schaumgeborenen. Manche Ersetzungen bereiten dem heutigen Leser von Ilias und Odyssee Schwierigkeiten, denn der damalige Text war an ein mit der olympischen Götterwelt vertrautes Publikum gerichtet.
Die hier beschriebenen Tropen dienen aber weniger der besseren Lesbarkeit, sondern greifen unmittelbar in einen Text ein. Sie gehören zum grundlegenden Repertoire eines Autors – und in der heutigen Zeit auch eines Drehbuchautors.

Stilmittel Metapher

In der Metapher wird ein bildhafter Begriff von einem auf einen anderen Bereich übertragen. Im Faust verleiht Goethe dem Frühling eine menschliche Gestalt: Durch des Frühlings holden, belebenden Blick“. Die Umgangssprache ist voll von Metaphern, die als solche gar nicht mehr wahrgenommen werden: Beispiele sind die Warteschlange oder die Regenhaut.

Stilmittel Allegorie

Die Allegorie wird auch als fortgeführte Metapher bezeichnet. In ihr werden anstrakte Begriffe in ein Bild oder eine Person übertragen. Diese rhetorische Technik dient der Verdeutlichung und erspart lange Herleitungen. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert der spätantike römische Philosoph Boethius. Der beim Ostgotenkönig Theoderich dem Großen wegen vermeintlicher Illoyalität in Ungnade gefallene ex-Konsul sitzt in Erwartung des nahen Todes (durch Enthauptung) in einem Kerker bei Ravenna. Dort verfasst er eines der berühmtesten Werke der römischen Philosophie, den „Trost der Philosophie“ (De Consolatione Philosophiae).

Die Philosophie als Dame

Die Philosophie beschreibt Boethius darin nicht nur als Gedankengebäude, sondern als Dame, die ihm in der schwersten Zeit seines Lebens nicht alleine lässt, ihn in seinem Kerker besucht. Die Dame schildert Boethius sehr plastisch. In ihrer linken Hand trägt sie Bücher, in ihrer rechten ein Zepter, also ein Herrschaftszeichen. Auf ihrem Kopf trägt sie eine Krone. Ihr Trost: Das Unrecht, das Boethius erleiden wird, stößt den Täter in das Elend, aber nicht das Opfer. Zudem stellt die Dame den Verurteilten in eine Reihe mit den großen Philosophen Sokrates und Seneca. Auch diese wurden zu Unrecht verfolgt und mit einem Todesurteil belegt. Enthauptet wurde Boethius mit dem Schwert im Jahr 526 n. Chr. Den „Trost der Philosophie“ verfasste er von seiner Verhaftung im Jahr 525 bis zu seiner Hinrichtung.

Stilmittel Euphemismus 

Um einen unangenehmen oder anstößigen Sachverhalt zu beschreiben, wird er im Euphemismus durch andere Wörter beschönigt, beispielsweise durch das Ersetzen des Wortes „sterben“ mit „entschlafen“. Die kriegsverherrlichenden Gedichte des 19. Jahrhunderts benutzen häufig das Wort „fallen“, um das Lebensende auf dem Schlachtfeld zu umschreiben.

Stilmittel Hyperbel 

Bei der Hyperbel wird ein Ausdruck in starker und offensichtlicher Weise übertrieben. Die Umgangsprache kennt hierzu eine Vielezahl von Floskeln, z.B. „Ein Mund wie ein Scheunentor“ oder „ich könnte ein ganzes Pferd verschlingen“. Dieses Stilmittel kommt dann zur Wirkung, wenn es Sparsam eingesetzt wird.

Stilmittel Ironie

Die Ironie (griech. Verstellung) arbeitet mit der gegenteiligen Bezeichnung eines Sachverhaltes. Eine Bemerkung wird in Humor oder Spott gekleidet, um zum Nachdenken anzuregen. Als Meister der Ironie gilt Sokrates. Sein Schüler Platon beschreibt in seinen Dialogen die Art, mit der Sokrates seine Gesprächspartner irritierte. Der Theologe Eutyphron beispielsweise hegte keinen Zweifel über die Richtigkeit seiner Erkenntnisse um das Wesen des göttlichen Rechts. Sokrates zeigte sich in typischer Weise begeistert: „Dann ist es also für mich, wunderbarer Eutyphron, das Beste, dein Schüler zu werden“. (Eutyphron, 5a)

Es ist schwierig, sich gegen ein Lob zu wehren

Das übertriebene Lob ist eine so einfache wie wirkungsvolle Form der Ironie. Gegen Kritik kann sich der Getroffene einfacher wehren als gegen Lob. Besonders perfide ist das Lob für für lächerliche Leistungen. Wer für geringfügige Leistungen in den Himmel erhoben wird, ist offensichtlich zu durchschnittlichen Leistungen nicht imstande.