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Das Nürnberger
Universalgenie Albrecht
Dürer ist heute vor allem als Maler, Zeichner und
Kupferstecher bekannt.
Tatsächlich übte er mit großem Erfolg noch
eine ganze
Reihe weiterer Tätigkeiten aus: Er publizierte Bücher
zur Kunst, zur Kunsttheorie und insbesondere zur Technik der
Perspektive, er betrieb Mathematik und er
interessierte sich für die Astronomie.
Glücklicherweise hat
er alle seine Leidenschaften in seine Werke einfließen lassen.
Anhand Dürers Bilder erschließen eine Welt,
nicht nur das Auge des Kunsthistorikers fasziniert, es ist
eine
Welt
voller Symbolik, Mystik, Psychologie, Natur und Aha -
Erlebnissen.
Dürers Schaffen markiert den Übergang von der
Spätgogik
zur Renaissance. Der Nürnberger ist in beiden Welten
zuhause, in der
strengen wie in der avantgardistischen.
Auf seinen Italienreisen hat er
sich Techniken und Inspirationen angeeignet, nicht aber die
italienischen Meister kopiert. Sein Stil bleibt trotz aller
Vielfältigkeit in Technik und Motiv immmer eigen. Es
ist
diese spezielle Liaison aus deutscher Gründlichkeit und
italienischer Verspieltheit, die Dürer so einzigartig
macht. Dieser Kurs ist als kleiner Streifzug durch
Dürers Welt konzipiert, und selbstverständlich als
Anregung,
sich die Gemälde einmal im Original zu betrachten.
Das Bild links zeigt ein repräsentatives Selbstportrait, das
Dürer im Alter von 26 Jahren anfertigte.
Die Kleidung verweist darauf, dass es der Maler zu Wohlstand
gebracht hat. Die schicke Mütze entspricht der italienischen
Renaissance-Mode, die Hände sind in feinstes Wildleder
gehüllt. Das offene Gewand im venezianischen Stil
signalisiert ein gesundes Selbstbewusstsein. Hier ist kein
Nürnberger
Handwerker zu sehen, sondern ein weltmännischer
Künstler. Die Berge im Hintergrund verweisen auf die Alpen,
hinter denen Italien, das Eldorado der Kunst zu finden ist.
Dürer hat
dort geschürft und verheißt, dass er das
Gefundene nicht für sich behalten wird.
Doch Dürers Stil wirkt niemals idealisiert oder gar verherrlichend. Der Nürnberger zeigt auf fast allen seiner Werke einen Hauch von Distanz oder Selbstironie. In seinem Portait von 1498 muss man freilich sehr genau hinsehen, um dieses Markenzeichen zu erkennen. Es ist wie auch auf vielen andern Werken Dürers in der Augenpartie zu finden: Der Blick Dürers ist unregelmäßig, seine Augen scheinen fast zu schielen. Die vom Betrachter aus gesehen linke Pupille tritt ein Stück weit hinter das Lid zurück. Hinter der Fasssade des Italienkenners zeigt sich der Charakter des Mitteleuropäers. Er genießt an der Oberfläche - doch darunter führt er einen inneren Monolog. Dürers gepflegte, goldfarbene Lockenpracht gibt ein Gesicht frei, das nicht auf italienische Weise entrückt ist. Es liegt ein Schimmer von Melancholie im Blick des 26-jährigen. Zu diesem Charakterzug wird er in späteren Jahren ein sehr rätselhaftes Werk unter dem Titel Melencolia I schaffen.
Wo Dürer nicht slch selbst
abbildete, ist seine Portaitkunst zweifelsohne vom Naturalismus der
niederländischen Malerei inspiriert. Seine
Darstellungen sind von geradezu unerbittlicher Sachlichkeit.
In der
oberen Bildreihe links ist seine Mutter dargestellt, Dürer
fertigte es zwischen 1490 und 1493 an. Zu sehen ist es heute im
Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg. 1479 portraitierte er
seinen Vater, Albrecht Dürer den Älteren. Das Bild
befindet sich in der National Gallery in London.
In der zweiten Reihe befindet sich der Zeitgenosse Jakob Fugger
(1459-1529). Der Kaufmann und Bankier zählte damals zu den
reichsten Männer der Welt. Seine Kopfbedeckung ist ganz
standesgemäß, trägt er doch ein schlichtes
aber goldenes Haarnetz. Das Bild befindet sich in
bayerischem Staatsbesitz und hat in der Staatsgalerie der Altdeutschen
Meister in der ehemaligen Katharinenkirche zu Augsburg seinen
Stammplatz.
Den Inbegriff des deutschen Geldes im 20. Jahrhunderts
repräsentiert die Dame unten rechts. Es handel sich
um die Kaufmannsfrau Elsbeth Tucher, deren Konterfei seit 1961 auf den
20-DM-Scheinen der Deutschen Bundesbank abgebildet war. Dürer
fertigte das Portrait 1499 an. Zu sehen ist es heute im Hessischen
Landesmuseum in Kassel.
Die Mitglieder der einflussreiche Patrizierfamilie Tucher
waren Stammgäste in Dürers Werkstatt. Portaits gibt
es auch von Hans Tucher, Nikolaus Tucher, Felicitas Tucher und Linhart
Tucher. Kunst und Kommerz bilden im Nürnberg der Renaissance
ein ähnliches Tandem wie in Italien. Und wie die Sforzas und
Medicis in
Italien sorgen die Tuchers und andere Familien dafür, dass die
Kunst auf eine finanziell eigenständige Basis gestellt wird
und sich so vom bloßen Handwerk emanzipieren kann.
Dürers Startbedingungen sind ideal. Seine Geburtsstadt Nürnberg gehört zu den wichtigsten und in künstlerischer Hinsicht angesehensten Städten im Reich. Für Dürers Zeitgenossen Martin Luther ist sie schlichtweg das "Auge und Ohr Deutschlands". In der Werkstatt seines Vaters, eines Goldschmieds aus Ungarn, verbringt er seine Lehrjahre. Seine ersten Werke sind noch im spätgotischen Stil, schnell bekannt werden seine Kupferstiche. Aber auch Holzschnitte, Zeichnungen und monumentale Gemälde gehören zu den Techniken, die Dürer, der "Meister der nördlichen Renaissance" perfektioniert hat. Er steht wie Raffael und Leonardo da Vinci für den universellen Künstler, der die Kunst nicht nur vom Handwerk emanzipiert, sondern zur mit der Wissenschaft gleichrangigen Tätigkeit erhebt. Dürers Familie stirbt mit dem Meister aus. Von seinen Brüdern ist nur wenig bekannt. Albrecht heiratet 1494 Agnes Frey, die aus einer alteingesessenen Nürnberger Familie stammt. Die Ehe bleibt kinderlos.